Print hilft – vor allem der Marke

Die Herstellung von Drucksachen ist technologisch auf höchstem Niveau. Die Druckbranche muss Gattungsmarketing betreiben.

Print wird unterschätzt.

Obwohl es nach wie vor die wichtigste Säule der Marken- und Produktkommunikation ist, sind sich nur wenige seiner tatsächlichen Stärken bewusst. Viele Marketing- und Werbeexperten setzen Print mit Anzeigen und Beilagen gleich. Print umfasst daneben jedoch eine Fülle an Akzidenzdrucksachen – womit alle Drucksachen außer Büchern, Zeitungen und Zeitschriften gemeint sind.

Die Turbulenzen in der Druckindustrie, die für schlechte Branchendaten gesorgt haben, beziehen sich überwiegend auf die Art und Weise, wie Print produziert wird, aber nicht auf seine Wirkung. Die Print-Produktion hat sich komplett erneuert und erfolgt heute durchweg digital, bis hin zur Direktbebilderung der Druckform. Beim Digitaldruck liegt nur noch eine virtuelle Druckform vor. Hier entstehen Anwendungsfelder, die beispielsweise in der Kombination von Offset- und Digitaldruck massenhafte Individualkommunikation via Print erlauben.

Print ist technologisch auf höchstem Niveau angekommen.

Optimierungen im Herstellungsprozess und Automatisierungsmöglichkeiten entlang des kompletten Wertschöpfungsprozesses eröffnen in vernetzten Kommunikationsszenarien vielen neuen Marktteilnehmern – bislang rein technisch nicht mögliche – Potenziale und interessante Geschäftsmöglichkeiten.

Allerdings hat es Print vernachlässigt, sich entsprechend als dienstleistungsorientierte Wachstumsbranche im Kommunikationsmarkt zu positionieren – und die frohe Botschaft zu kommunizieren. Stattdessen vermittelt sie den Eindruck, es werde heute und morgen wie zu Gutenbergs Zeiten ein reines Produktionsgeschäft betrieben. Das aber trifft längst nicht mehr die Realität.

Marken sind das wichtigste Gut eines Unternehmens. Ihre Funktion ist quasi die eines “Containers für die unternehmerische Idee”. Marken sind jedoch kein Selbstzweck. Sie führen Angebot und Nachfrage zur Zufriedenheit aller zusammen. Deshalb gehört zum professionellen Markenmanagement neben ökonomischem Geschick ein starkes Bewusstsein für die Werte, die durch Print für die Marke geschaffen werden.

Ein Beispiel: Ein Hersteller kostbarer Markenuhren (Kaufpreis ab 5000 Euro) stellt den Wiederverkäufern Prospekte zur Verfügung, die drucktechnisch geradezu lieblos produziert werden. Gedruckt von der Stange im Vierfarbprozess, Lack drüber, fertig.

Vergleicht man diese Aufmachung mit den veredelten Druckbeiheftern in Frauenzeitschriften für Kosmetik-Artikel im Preisgefüge unter 100 Euro, entdeckt man einen Qualitätsunterschied, der Verbraucher irritiert. Das 40 Euro teure Parfüm wird hochwertig mit Goldprägung oder Silberfoliendruck und integrierten Riechproben beworben; die mehrere tausend Euro teure Uhr hingegen kommt in besagtem Prospekt beim Juwelier geradezu schäbig daher.

Geht man den Ursachen für diese Marketingsünden im Detail nach, so wird, wie Druckperfektionist Günter Thomas von der Thomasgruppe in Gelsenkirchen berichtet, von Agenturen gebremst, wenn es darum geht, Markenkommunikation in Print hochwertig zu veredeln. “Zu teuer, das zahlt der Kunde nie”, heiße es von dieser Seite oft. Dagegen erfuhr Thomas in vielen Gesprächen mit Markenexperten, dass diese eine hochwertige Darstellung ihrer Produkte durchaus schätzen und gerne mehr Geld bereitstellen, wenn der Kommunikationserfolg gesteigert werden kann. Zumal die Marke in Print genauso hochwertig präsentiert werden muss, wie es dem Konsumenten per Markenversprechen angetragen wird.

Hier finden Sie weitere Argumente für Print: Faktensammlung für die Druck- und Medienbranche

Kreative in Agenturen wie auch Einkäufer in den Unternehmen sollten darum ihre Vorstellungen über Bord werfen, Print als Massenproduktionsware möglichst billig einzukaufen. Print wird durch moderne Veredelungstechnologien und Fertigungsprozesse zum hochwirksamen Premium-Kommunikationsmittel. Print hilft der Markenkommunikation, weil es als bewährtes Medium facettenreich und multisensorisch wirkt und Menschen begeistern kann. Print ist ein Ur- beziehungsweise Initialmedium von strategischer Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft. Die kulturelle Entwicklung der vergangenen 500 Jahre hat dazu geführt, dass kein anderes Medium näher am Menschen dran ist als Print.

Zahlreiche Beispiele belegen, dass seit mehreren Generationen etablierte Marken wie Persil, Coca-Cola und Maggi durch Print dauerhaft eine starke Identität aufbauen konnten. Und selbst in der digitalen Welt hat Print seine Bedeutung nicht verloren: Amazon, AOL, Facebook, Ebay, Yahoo und andere konnten zwar über das Internet rasch eine hohe Bekanntheit erwerben. Eine Markenidentität wurde aber erst geschaffen, als die Newcomer über gedruckte Magazine und Anzeigen in Erscheinung traten.

Selbst Firmen wie Apple Computer, die den Digital Lifestyle prägen, setzen schwerpunktmäßig auf Print-Kommunikation: Großplakate im Outdoor-Bereich, Anzeigen und ein hoch entwickeltes Verpackungsdesign hatten entscheidenden Anteil, um Apples Ipod zum Verkaufsrenner zu machen. In den Apple Flagship Stores von London bis New York und San Francisco wird die Marke über gedruckte Displays und hochwertiges Print-Design zelebriert.

Doch all diese Vorteile sind oft nicht im Bewusstsein der Auftraggeber – sprich der Markeninhaber – verankert. Viele Marketing- und Werbespezialisten lassen sich von kurzfristigen taktischen Zielen leiten und können somit Print kaum oder überhaupt nicht als strategisches Medium beurteilen. Der Erfolg von Print wird nur gemessen an dem, was Massenmedien zu leisten imstande sind – und hier schneidet Print oft allein deshalb nicht gut ab, weil Zeitungen und Zeitschriften derzeit nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten zur aktiven Response-Generierung (und Ergebnismessung) erlauben.

Der Nutzen und die Funktionalität der Print-Kommunikation geht jedoch weit über die Bedeutung von Zeitung, TV oder Radio hinaus: Fast jeder Kommunikationskanal wird von Print unterstützt. Dies gilt auch – und insbesondere – für die persönliche Kommunikation, die durch Print in Form von Visitenkarten, Flyern, Broschüren, Handouts et cetera gestützt wird. Marken können auf Print zurückgreifen, weil Print die Glaubwürdigkeit des Gesagten enorm verstärkt. Das Kürzel PoS könnte somit nicht nur die Abkürzung für “Point of Sale”, sondern im Zusammenspiel mit Print auch “Point of Success” bedeuten.

Print ist unersetzlich und bietet eine enorme Vielfalt, um Marken zu machen und nachhaltig erfolgreich zu inszenieren.

Die Print-Branche ist allerdings gefordert, ein klares Profil zu entwickeln und per Gattungsmarketing Print selbst als Marke zu positionieren. Nur so kann man dem Trend entgegenwirken, dass elektronische Medien überbewertet und Print unterbewertet werden. Dazu ist aber ein Umdenken nötig. Print lebt nicht – wie viele Print-Fachleute glauben – von Insider-Diskussionen über Verfahrenstechnologien, sondern von der unerschöpflichen Kraft seiner Wirkung und seiner unschlagbaren Funktionalität. Seit Jahren belegt der Druckschriften-Wettbewerb Berliner Type, welch hohe Qualität mit Print erreicht werden kann, wenn man die modernen Produktionstechnologien gekonnt einsetzt. Die prämierten Druckstücke profilieren sich auf internationalem Niveau als Benchmark. Seit neuestem unternimmt in Ergänzung dazu auch die Werbeagentur-Branche Anstrengungen pro Print.

So hat im Juni 2005 der Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA den 1. GWA Production Award vergeben. Prämiert wurden herausragende Print-Produktionen aus allen Kategorien (Direct Mail, Akzidenzen, PoS, Anzeigen, Bücher et cetera).

Der Schwerpunkt lag nicht wie bei der Berliner Type auf Qualitätsaspekten im Druck, bewertet wurde vielmehr vor allem die Komplexität des Produktionsmanagements. Unter den Gold-, Silber- und Bronze-Gewinnern waren Agenturen wie Jung von Matt/Greenhouse und Serviceplan sowie Marken wie Mini, BMW und AEG. Nicht die Agentur-Kreativen haben diesen Award ins Leben gerufen, sondern der Arbeitskreis GWA Printproduktion – mit dem Ziel, auf den hohen Leistungsstandard in der Kommunikation mit Print hinzuweisen. Das ist mehr als gelungen.

Support erhalten die Print-Produktioner übrigens von Dienstleistern, die über den Tellerrand hinausblicken, und sich als Kommunikations- und Produktionspartner empfehlen. Das Ziel lautet: Print als Basis eines weit gefassten Dienstleistungskonzeptes begreifen. “Wir entwickeln für unsere Kunden aus dem Werbe- und Markenbereich neuartige Produkte, indem wir die Synergie von Papier- und Digitalmedien voll ausschöpfen”, erklärt Erich Thomanek, Vorstandschef von Alpha Print Medien in Darmstadt. Die Individualisierung von Massenauflagen im Druck gehöre ebenso dazu wie die Verknüpfung von Online- und Print-Kommunikation.

Das sind sicher ganz neue Töne für die Jünger Gutenbergs. Mögen sie in den Ohren von Markenfachleuten auf der Suche nach wirkungsvollen Kommunikationsformen auf Gehör stoßen. Denn, so kann man als Schlussfolgerung formulieren: Jede Marke scheitert ohne Print und gewinnt mit Print.

Kein anderes Medium ist so nah am Menschen wie Print!

Dieser Artikel wurde von Andreas Weber verfasst und ursprünglich auf valuetrendradar.com veröffentlicht. Lesen Sie den Originalartikel hier: https://valuetrendradar.com/2024/03/10/print-hilft-vor-allem-der-marke/

Bild © pexels

2024-03-19T12:21:13+01:0018. März 2024|

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