Q&A zur Papierkrise

Rohstoffknappheit: Wann kommt das Licht am Ende des Tunnels?

Der aktuelle Wirtschaftsaufschwung sorgt für eine verstärkte Nachfrage nach Foldern, Mailings, Plakaten, Verpackungen und Shop Ausstattung. Doch Papier, Karton und Kunststofffolien sind derzeit nicht nur Mangelware, sondern auch deutlich teurer. Wie konnte es zur Papierkrise kommen, was Auftraggeber:innen in Zeiten der Rohstoffkrise beachten sollten, wie die Ware dennoch termingerecht ankommt, das hat der Verband Druck Medien zusammengefasst. Hier die Antworten auf die häufigsten Fragen:

Wie kam es zu dieser Marktverknappung?

Es gibt keine Marktverknappung, zumindest nicht in dem Maße, wie die derzeitige Lieferdauer von Papieren vermuten ließe. Es wurden Papiermaschinen abgestellt, einzelne alte Fabriken stillgelegt, und es werden Papiermaschinen auf andere Papiersorten umgerüstet. Mit diesen Maßnahmen sollten Angebot und Nachfrage im grafischen Bereich ausgeglichen werden. Gleichzeitig wird an der Kostenoptimierung der verbliebenen Kapazitäten – wie auch in den vorangegangenen Jahren – weitergearbeitet.

Der Verband Druck Medien als Vertreter der österreichischen Druckereien versteht das Bestreben der Papierindustrie, die verstärkte Nachfrage nach Verpackungspapieren und Karton bedienen zu wollen. Allerdings ist das Wachstum bei Verpackungspapieren kein unbegrenztes, während sich die Nachfrage nach grafischen Papieren stabilisiert hat. Der Verband Druck Medien ruft die Papierindustrie dazu auf, nicht nur nach Wachstumsmärkten zu schielen, sondern die Kapazitäten für grafische Papiere nachhaltig zu sichern, um der Papierkrise beizukommen.

Daher fordert der Verband einen Stopp der Umrüstung und ein Auffüllen der leeren Lager. Jede noch vorhandene Papiermaschine wird dringend von den Druckereien benötigt. Denn Print ist nach wie vor der wichtigste Werbekanal. Laut aktuellem Werbebarometer von Focus MR (Februar 2022) erholten sich die Werbeausgaben 2021 wieder und übertragen mit 4.610 Mio. Euro sogar knapp das Vorkrisenjahr 2019. Mit einem Anteil von 40,6 Prozent sind Printmedien weiterhin am stärksten, gefolgt von Fernsehen mit 29,9 Prozent und Online mit 16,8 Prozent. Außenwerbung wie Plakate und Kino hatten jeweils einen Anteil von 6,3 Prozent, Kino von 0,1 Prozent. Mit gutem Grund: Print ist nicht nur unaufdringlicher, sondern erzielt deutlich höhere Aktivierungsraten.

Warum steigen dann die Preise für Papier und Karton so dramatisch?

2020 fielen auf Grund der Lockdowns zunächst sowohl die Preise für Papier und Karton als auch für deren Bestandteile Holz, Zellstoff und Altpapier. Lagen Ende 2020 die Durchschnittserlöse für eine Tonne Papier auf unter 650 Euro, brachte 2021 jedoch eine massive Teuerungswelle, die schon bald über dem Vorkrisenniveau lag. Im Oktober erhöhten die Papierhersteller:innen die Preise pro Tonne Papier nochmals um 100 und 150 Euro – auch bei bereits bestellter oder sogar schon ausgelieferter Ware. Manche Papiersorten kosteten damit bereits 1.300 Euro pro Tonne oder mehr. Das Argument der Papierindustrie: die steigenden Energie- und Rohstoffkosten würden eine Preissteigerung notwendig machen, vor allem die Energiepreise hätten die Preisspirale angekurbelt, betragen die Energiekosten doch 20 Prozent der Produktionskosten.

Der Verband Druck Medien kann die Argumente der Papierindustrie auch nur zum Teil nachvollziehen. Die Papierindustrie rühmt sich seit vielen Jahren für ihre Rolle als Produzentin von erneuerbarer Energie. 275 GWh Strom und 1.800 GWh Fernwärme haben alleine die österreichischen Papierfabriken 2020 selbst verbraucht oder verkauft. Zugekauft werden musste „nur“ 1.615 GWh Strom, und manche Fabriken haben sogar eigene Wasserkraftwerke. Damit sollte auch die Energiekrise die Papierindustrie nicht so hart treffen wie andere Branchen.

Auch bei den Rohstoffpreisen lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Es stimmt, dass die Sammlung von Altpapier in den Lockdowns 2020 zurückgegangen ist. Gleichzeitig sind etwa die Kosten für Altpapier in Frankreich deutlich günstiger als in Österreich oder Deutschland. Es stellt sich die Frage, warum nicht verstärkt französisches Altpapier eingekauft wird.

Dass die Papierindustrie zudem Bestellungen ohne Fixpreise anbietet, mit der Möglichkeit tagesaktuell zu erhöhen, ist für den Verband Druck Medien wettbewerbsrechtlich fragwürdig und ein Angriff auf das klein- und mittelständisch strukturierte Druckereigewerbe in Österreich und Europa. Die Preiserhöhungen der Papierindustrie lassen sich jedenfalls nicht alleine mit gestiegenen Rohstoff- und Energiepreisen rechtfertigen.

Bereichern sich papierherstellende Unternehmen auf Kosten der Druckereien?

Die Papierindustrie ist in den letzten Jahrzehnten durch Fusionen und Zukäufe auf einige wenige globale Player reduziert. Verschärfend kommt dazu, dass mit China ein wichtiger Marktplayer ausgefallen ist, da die Ausfuhr von chinesischem Papier derzeit mit Strafzöllen belegt ist. Der Verband Druck Medien spricht sich dafür aus, einen fairen Wettbewerb zu fördern, damit die Kund:innen wieder einen fairen, leistbaren Papierpreis zahlen.

Wie wirken sich die Papier- und Kartonpreise auf Druckprodukte aus?

Papier und Karton sind nur ein Teil der Gesamtkalkulation. Dennoch wirken sich die gestiegenen Preise für die Rohmaterialien und Energie auch auf den Endpreis aus. Die österreichischen Druckereien versuchen jedoch alles, dass ihre Kund:innen nicht die volle Belastung spüren, sondern weiterhin Druckprodukte zu einem fairen Preis bekommen.

Welche Papier- und Kartonsorten sind betroffen?

Prinzipiell sind fast alle gängigen Papier- und Kartonsorten von Preissteigerungen und Lieferverzögerungen betroffen. Viele Druckereien haben noch Papiersorten auf Lager, um kurzfristige Aufträge mit kleineren Auflagen erfüllen zu können. Folder, Broschüren, Plakate oder Mailings sind damit weniger betroffen, vor allem, wenn bei der Papierwahl eine gewisse Flexibilität besteht.

Bei Großmengen, etwa Magazinen, Zeitungen, Katalogen oder Büchern werden in der Regel Papiere auf Vorrat gelagert. Bei Nachbestellungen von Papieren kommt es derzeit zu längeren Lieferzeiten – zum Teil bis zu mehreren Monaten. Zudem sind Druckereien mit Preiserhöhungen auch bei bereits produzierten und bestellten Papieren konfrontiert.

Was bedeutet das für Lieferzeiten?

Der Verband Druck Medien ersucht alle Auftraggeber:innen, eine längere Lieferzeit einzuplanen und schon bei der Planung die Druckereien einzubinden. Diese können beraten, welche Papiere vorrätig sind und bei der Kalkulation von Lieferzeiten und Terminen unterstützen.

Soll ich überhaupt noch drucken lassen?

Beide Kanäle – Online und Print – haben ihre Berechtigung im Marketingmix. Es gibt aber zahlreiche Argumente, die eindeutig für Print sprechen: Kataloge, Plakate, Folder und Mailings haben mehr Kraft als Online. Ganz einfach, weil Print immer eine bewusste Entscheidung ist. Laut dem aktuellen DM Report 2021 werden personalisierte Werbeformen von Adressat:innen besonders gut wahrgenommen. Bei den Werbeformen, die Konsument:innen zum Online-Einkauf animieren, sind Flugblätter und Prospekte besonders wichtig. Information, die auf Papier gelesen wird, bleibt zudem deutlich länger im Gedächtnis als ein Online-Beitrag. Das zeigen zahlreiche Studien.

Wann wird sich die Situation wieder verbessern?

Für alle Beteiligte in der Lieferkette ist die derzeitige Situation unerfreulich, besonders für Druckereien. Lieferzeiten liegen derzeit zwischen zwei und sechs Monaten, alle Produkte sind betroffen. Ein paar Details geben aber Hoffnung auf eine Entspannung:

  • Die österreichische Bundesregierung plant eine Entlastung für energieintensive Branchen, wie sie auch die Papierindustrie ist.
  • Das Erneuerbaren Ausbaugesetz fördert Produzent:innen von erneuerbaren Energien – die entsprechenden Prämien sollten demnächst veröffentlicht werden. Davon könnte EU-weit die Papierindustrie als wichtige Produzentin von erneuerbarer Energie stark profitieren.

Der Verband Druck Medien fordert, dass diese Entlastung auch an die direkten Kund:innen, also die Druckereien weitergegeben wird.

Wie sehen derzeit die Produktionsmengen in den Papierfabriken aus?

Für das Jahr 2022 haben alle Papierfabriken ihre Kapazitäten voll ausgeplant. Langanhaltende Stillstände durch Instandhaltung oder Umbauten sind für heuer eher nicht zu erwarten.

Warum erhöht die Papierindustrie nicht die Produktion von grafischen Papieren?

Viele Papierfabriken sahen in der – dank Online-Handel – steigenden Nachfrage nach Verpackungsmaterial eine deutlich lukrativere Einnahmequelle und rüsteten die Papiermaschinen entsprechend um. Der Verband Druck Medien sieht diesen Prozess als natürliche Marktbereinigung, fordert aber einen Stopp weiterer Abbaupläne, da es dann zu einer tatsächlichen Verknappung kommen könnte. Viel dringender aus Sicht des Verband Druck Medien wäre eine faire Kalkulation der Papierindustrie.

Welche Position hat die Austropapier als Verband der Papierindustrie?

Papier und Produkte daraus sind schön, praktisch und nachhaltig. Wir sind alle an der Stärkung der Wertschöpfungskette interessiert. Der Papiermarkt ist hauptsächlich europäisch und kann durch heimische Unternehmen bei Mengen/Preisen kaum beeinflusst werden.

Die Herstellkosten und der Markt bestimmen den Preis. Heftige Volatilität (besonders in Krisen) sind unerfreulich, aber nicht zu verhindern – außer durch große Lager.

Die Branche ist kapitalintensiv, kurzfristige Kapazitätserweiterungen sind deshalb nicht möglich. Bis sich der Markt in der Zukunft beruhigt hat, werden viele Fabriken nur kurzfristige Lieferangebote oder Verträge mit Index-Klauseln anbieten. Bis dahin könnte es auch zu limitierten Abstellungen kommen, wenn selbst die variablen Kosten nicht mehr gedeckt sind.

Was tut der Verband Druck Medien?

Der Verband Druck Medien ist um einen kontinuierlichen Austausch mit den papierherstellenden Unternehmen und dem Papiergroßhandel bemüht und setzt sich für einen Stopp des Kapazitätenabbaus bei grafischen Papieren ein. Verpackungspapiere sind kein unbegrenzter Wachstumsmarkt, während sich die Nachfrage nach grafischen Papieren stabilisiert hat. Eine weitere Umrüstung könnte ein fatales Signal sein und den Markt für grafische Papiere künstlich verknappen.

Zudem fordert der Branchenverband konkrete Maßnahmen, die den Wettbewerb in der Papierindustrie erhöhen und das derzeitige Ungleichgewicht am Markt beenden können:

  • Entfall der Strafzölle für chinesische Papiere für einen fairen Wettbewerb
  • Förderung des österreichischen Druckstandorts durch eine Energieprämie
  • Bekenntnis der Papierindustrie, die Entlastung bei den Energiekosten an die Kund:innen weiterzugeben
  • Rückkehr zu Festpreisen, mit Stichtag der Auftragserteilung

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Foto © contrastwerkstatt, Adobe Stock

Über den Verband Druck Medien

Der Verband Druck Medien Österreich besteht seit 1872. Er ist die einzige umfassend kompetente und unabhängige Unternehmensvertretung für die grafische Branche in Österreich. Der Verband vertritt mehr als 200 Unternehmen vom Kleinbetrieb bis zum internationalen Konzern. International ist er in der FESPA organisiert. Präsident ist Gerald Watzal.

Verband Druck Medien
Mag. Peter Sodoma
+43 1 512 66 09
verband@druckmedien.at

Pressestelle Verband Druck Medien
Mag.a Katharina Scheyerer-Janda
+43 699 11 88 23 16
office@meinungsbild.at

2022-05-20T09:25:02+02:0016. Februar 2022|

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